Sibylle Dorndorf – wer kennt sie nicht in der Spielwarenbranche? Sie war fast 30 Jahre als Fachjournalistin, später als TOYS-Chefredakteurin beim Göller-Verlag. Nun hat sie sich zum neuen Jahr in den Ruhestand verabschiedet. Was Sibylle Dorndorf in all der Zeit bei der TOYS mitgenommen hat und welche Wege sie nun einschlägt, erfahrt ihr in unserem heutigen 3 Fragen- Beitrag.

Welches waren die drei Haupt-Trends in der Spielware, die du in den letzten Jahrzehnten beobachten konntest?

In fast 30 Jahren, die ich als Spielwaren-Fachjournalistin auf dem Buckel habe, sind mir unglaublich viele erwähnenswerte Produktneuheiten begegnet. Alle zu erwähnen, würde den Rahmen sprengen. Was ich bemerkenswert fand, ist die Fähigkeit der Unternehmen, sich immer wieder neu zu erfinden und dem gesellschaftlichen Zeitgeist zu folgen, ohne sich allzu sehr zu verbiegen. Diejenigen, die das mehr oder weniger unreflektiert getan haben, mussten recht schnell eine Kehrtwendung machen. Aber dieses „back to the roots“ zeigt wiederum eine hohe Innovationskraft und das Bestreben, sehr genau zu beobachten, was Familien, was Kinder wünschen. 

Neben den Trendprodukten ist es das digitale Erwachen, das wir produktbezogen in den unterschiedlichsten Darreichungsformen erlebt haben. Hier sind meiner Meinung nach einige Anbieter der ersten Stunde über das Ziel hinausgeschossen. Einigen haben nachjustiert und analoge Inhalte mit digitalen Features verbunden. Diesen gelungenen Mix, die hybriden Spiele, fand ich immer hoch spannend. 

Was mich grundsätzlich freut ist die Hinwendung zu wertigen und langlebigen Spielwaren – weg von bunt und billig. Diesen Trend haben wir zu großen Teilen der Einkehr und Rückbesinnung zu verdanken, die wir alle während der Pandemie erlebt haben. Der Fokus auf Nachhaltigkeit, der sich durch alle Prozesse der Unternehmen zieht und der dann in Produkten mündet, die dieses Etikett wirklich verdienen, ist für mich ein echtes Highlight. Ergänzend dazu sorgt der Deutsche Verband der Spielwarenindustrie (DVSI) mit seinen engagierten Mitgliedern für eine deutlichere Wahrnehmung der Spielwarenbranche in der Öffentlichkeit, auf politischer Ebene und im Bereich Kultus. Projekte wie Value of Play, die Botschafter des Spielens, aber auch Charityaktionen, die Geschäftsführer Ulrich Brobeil mit den unterstützenden Unternehmen immer wieder anstößt, sorgen dafür, dass Spielwaren nicht nur in der Vorweihnachtszeit in den Medien Gehör finden. Das kontinuierliche Wachstum, das die Branche in den letzten Jahren erfahren hat, kommt nicht von ungefähr. Und auch wenn wir derzeit eine leichte Delle erleben, die Zeiten werden sich wieder wandeln. Wer Krisen proaktiv begegnet, wird sie erfolgreich bestehen.

Wie beurteilst du die Entwicklung der Branche?

Die Spielwarenbranche ist unglaublich resistent, hat gelernt, Zeichen zu setzen, die Unternehmen sind mutig geworden, das finde ich einfach grandios. Extrem wichtig für die Glaubwürdigkeit und gesellschaftliche Positionierung unserer Branche ist gerade jetzt die Tatsache, dass die meisten Unternehmen sich den Themen Diversity, Empowerment, Inklusion und Integration widmen. Natürlich gibt es auch da Mitläufer und Mogelpackungen. Aber gerade die großen Marken setzen hier ganz klare Zeichen, die weithin gehört und wahrgenommen werden und ich hoffe, dass die Vielfalt, die wir im Spiel und in den Produkten abbilden müssen, immer weitere Kreise zieht und für mehr Toleranz und Akzeptanz in allen Schichten der Gesellschaft sorgt. Das haben wir dringend nötig. 

Und wie wir bald live erleben werden, fasst die Spielwarenmesse alle und alles zusammen. Diese große Bühne, auf der wir uns jetzt endlich bald wieder treffen können, ist ein Ort der Begegnung, den die Branche braucht, das ist glaube ich uns allen in den letzten drei Jahren bewusst geworden. Ich freue mich unglaublich darauf, endlich einmal mit Zeit und Muße durch die Hallen zu bummeln und gute alte Bekannte wieder zu treffen. Sie sind nämlich meine größten Highlights: Die Menschen, mit denen ich zu tun habe. Ich bin immer wieder fasziniert von den Persönlichkeiten und Charakteren, die sich in der Branche zusammenfinden. Wer diese DNA nicht hat oder nicht spürt, wer auf ein lukratives Gastspiel aus ist oder nur kurz mal „parken“ möchte, der ist glücklicherweise meist schnell wieder weg von der Branchenbühne. 

Wie (er)geht es dir jetzt im Ruhestand und welches sind deine nächsten Projekte?

Gute Frage, nächste Frage 😊 … ich weiß gar nicht, wie das geht, Ruhestand und will’s auch gar nicht wissen. Ich knüpfe gerade dort wieder an, wo ich vor mehr als 25 Jahren aufgehört habe, nämlich als freie Journalistin, die Nase in den Wind zu halten und die Branchenwelt noch einmal völlig neu zu entdecken. Ich habe die Zeit als Chefredakteurin der TOYS-Magazinfamilie wirklich genossen. Es waren tolle Jahre mit einem unglaublich engagierten Team. Seid gegrüßt, Mädels! Aber alles hat seine Zeit. Wir sind ja nicht unsterblich, deshalb will ich mich jetzt und in den kommenden Jahren den Projekten widmen, die ich lange aufgeschoben habe. Es gibt noch so viel zu (be)schreiben über Spielwaren. Ich durfte so viele Unternehmen kennenlernen, die Hidden Champions, die selten in den Medien auftauchen, die großen Marken, von denen man doch noch nicht alles weiß, die sich ständig weiter entwickeln, ich will hinter die Kulissen blicken, die Geschichten hinter den Produkten erzählen und und und…Dazu gehört, auch mal auf die andere Seite des Interview-Tisches zu wechseln 😏 Hier gefragt zu werden finde ich eine schöne Idee und ein cooles Format.

Im Übrigen glaube ich, dass wir umdenken und unsere Lebensphasen anders, offener, gliedern und aufstellen müssen. Die starre Einteilung in Arbeitszeit und Ruhestand ist meines Erachtens nach überholt und blockiert das Land auch wirtschaftlich. In meinem Beruf kann man arbeiten, so lange man Lust hat, neugierig ist und bei Verstand. Natürlich kann ein Bauarbeiter nicht mit 70 Jahren auf einem Gerüst herumklettern. Hier muss man differenzieren. Aber dieses Schubladendenken halte ich für überholt, für unproduktiv und einer modernen Gesellschaft nicht angemessen. Für mich persönlich geht die Reise jetzt häufiger als früher in die Natur mit meiner Hündin Liesel. Endlich ausgedehnte Streifzüge machen, ohne auf die Uhr schauen zu müssen, das genießen wir beide. Da wird der Kopf frei, die Synapsen tanzen Cha-Cha-Cha und man hat unglaublich viele Ideen. Diese Ideen wiederum bringe ich in meine Arbeit ein. Wenn ich am Rechner sitze und nach knackigen Headlines suche ist mein Coach mein kleiner Kater Leo. Er ist Inspirationsquelle pur. Katzen spielen ja ein Leben lang und mit allem, was sie finden. Mir geht es mit dem Schreiben so. Die Beiträge, die ich gerade für Unternehmen recherchiere und „zu Papier“ bringe, schöpfe ich aus meinem langjährigen Branchenwissen und den gewachsenen Kontakten, aber immer auch aus Impulsen der Zeit, die ich wahrnehme. Sie können also sicher sein: Wir lesen uns wieder!