Natalie Haut war viele Jahre als Managing Partner bei der internationalen Netzwerkagentur Ketchum Pleon beschäftigt. In dieser Funktion hat sie den Standort in Frankfurt mit über 40 Mitarbeitern geleitet. Zusätzlich hat sie die Trainees deutschlandweit im Bereich „Qualität und Kreativität“ ausgebildet und standortübergreifende Kundenteams geführt. 2018 gründete die Branchenkennerin schließlich ihre eigene Agentur haut communications.
Die Expertin für Corporate Communications, Brand Marketing und Sales Communications hat sich auf strategische Kommunikationsberatung spezialisiert. Außerdem coacht sie sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte aus verschiedenen Branchen. Mehr unter www.haut-communications.de.
Die PR-Beraterin und Coach verrät uns im 3-Fragen-Interview, worauf es heute in der Pressearbeit besonders ankommt:
1. Natalie, was rätst du PR-Neulingen, worauf sollten sie beim Berufseinstieg besonders achten?
Nun, ich denke prinzipiell gibt es sehr unterschiedliche Ansätze. Generell finde ich es bei PR-Einsteigern wichtig, dass sie so viel wie möglich von der PR kennenlernen und sich so ein eigenes Bild machen können, was alles dazu gehört und was sie gerne verstärkt machen möchten. Pressearbeit ist ja zum Beispiel nur ein kleiner Teil von PR. Gleichzeitig kommen sich PR und Marketing immer näher. Nach wie vor halte ich für Einsteiger das Agenturleben für sehr geeignet, da man dort in der Regel mehr von der Kommunikation im Ganzen kennenlernt. Wohlwissend, dass das Einstiegsgehalt dort nach wie vor geringer ausfällt als auf Unternehmensseite. Dennoch habe ich im Laufe der Jahre viele liebe Kollegen gehabt, die irgendwann den Wechsel vorgenommen haben, aber froh sind, anfänglich so breit aufgestellt die PR kennengerlernt zu haben. Ich gebe aber auch zu, dass ich selbst absoluter Agentur-Mensch bin und die Abwechslung, die sich dort bietet, stets genossen habe.
2. Wie hat sich die Pressearbeit in den letzten Jahren verändert? Was macht erfolgreiche Pressearbeit heute aus?
Verändert hat sich viel – und dennoch bleibt auch vieles gleich. Ich erinnere mich an Kunden, die vor 20 Jahren kaum Online-Clippings akzeptieren wollten. Print-Clippings waren das Gebot der Stunde. Vor zehn Jahren war es bereits völlig normal, mit Bloggern und Influencern zu arbeiten. Und heute nutzen Unternehmen gerne die Chance, in neuen Formaten wie Podcasts oder Videocasts interviewt zu werden oder diese Kanäle sogar selbst zu betreiben.
Ganz zu schweigen von der zunehmenden Kommunikation der Unternehmensexperten und CEOs auf LinkedIn, Xing oder twitter zur Positionierung der eigenen Person und des Unternehmens. Schaut man sich die Wirtschaftsmedien an, gibt es kaum noch eines, das nicht mindestens einen Podcast hat. Ich habe gerade neulich die Zimpel-Redaktion von news aktuell gebeten, die ganzen Podcasts einmal aufzunehmen. Zudem nutzen Medien heute Newsletter, um entweder ad hoc oder zu regelmäßigen Zeiten die aktuellsten News kommunizieren zu können. Das bedeutet natürlich auch für Unternehmen, dass sie schneller und passgenau kommunizieren müssen. Was mich – vor dem Hintergrund meiner ursprünglichen Arbeit beim Fernsehen –besonders freut, ist die Zunahme der Bewegtbild-Angebote von Medien, die ursprünglich aus dem Print- oder anderen Bereichen kommen. Hier ist jedoch Vorsicht geboten. Denn mit den akustischen und visuellen Formaten können noch lange nicht alle Unternehmen umgehen. Stimme und Körpersprache bekommen eine viel größere Bedeutung. Sie können das Gesagte verstärken, aber auch reduzieren oder geradezu kannibalisieren. Medientrainings sind hier ein absolutes Must-have. Neben der Art und Weise, wie man Themen kommuniziert, ist aber heute vor allem auch wichtig, wie man sich von Wettbewerbern unterscheidet. Nicht mehr das Produkt oder das Unternehmen steht im Mittelpunkt, sondern die Story drumherum: Welche Story will ich mit meinem Produkt erzählen? Was sollen sich andere merken? Es ist erstaunlich, wie viele Stories Unternehmen oft „in der Schublade“ haben, aber nicht erzählen, da sie sie nicht für erzählenswert oder einfach für normal halten. Daher ist es immer wichtig, so viel wie möglich aus den verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens zu erfahren, um es dann medial aufzubereiten. Oft sind es die schlummernden Informationen, die Grundlage einer Story werden können – einer Story, mit der nicht gerechnet wird oder die eine unerwartete Wendung nimmt und deshalb in Erinnerung bleibt.
3. Was sind deiner Meinung nach die „No-Gos“ im Umgang mit Journalisten? Nenne uns hier deine persönlichen Top 3!
1. Ich empfehle in meinen Medientrainings stets, die Medien wie einen Kunden zu behandeln. Wertschätzung und Empathie sind hier das A und O. Der Job eines Journalisten ist in der Regel hektisch und stressig – nicht nur vor Abgabeterminen. Ich habe selber schon erlebt, dass das Mail eines Journalisten knurrig formuliert war. Davon sollte man sich allerdings nicht abschrecken lassen. In der Regel hilft ein Telefonat, um zu klären, was dahintersteckt. Interessanterweise hat es oft gar nichts mit dem Gegenüber des Journalisten oder dessen Thema zu tun. Ich kann – insbesondere Berufseinsteigern – daher immer nur davor warnen, sich einschüchtern zu lassen und den Kontakt zu Journalisten auf Mails zu beschränken. Diese bekommen sie nach wie vor durch die Flut von Pressemeldungen ohnehin im Übermaß. Der Griff zum Hörer ist daher das beste Mittel. Er vermeidet einen zeitaufwendigen Mailverkehr, reduziert Missverständnisse und ermöglicht, Fragen zu stellen und Antworten zu geben. Was will man mehr! Es gibt allerdings ein Thema, das niemals am Telefon und auch nicht per Mail thematisiert werden sollte: Die Frage, ob der Journalist die Pressemitteilung erhalten hat
2. Unvorbereitet ins Gespräch mit dem Journalisten zu gehen ist ein absolutes Tabu. Sie haben einfach keine Zeit dafür.
3. Der Austausch mit Journalisten ist ein Geben und Nehmen. Hilft man Ihnen, gibt nur Informationen mit News-Wert weiter, hält Deadlines ein und verweist sie an wirklich qualifizierte Gesprächspartner mit interessanten Themen, entwickelt sich ein jahrelanger produktiver Austausch.
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