Branchenkenner Peter Hollo ist seit über 25 Jahren in der Spielware fest verankert; davon ist er knapp zehn Jahre als Unternehmensberater im Lizenz- und Spielwarenbereich unterwegs und ist Herausgeber des TOYS & GAMES Report. Zuvor war Peter im Vorstand von SpieleMax und elf Jahre für den internationalen Ein- und Verkauf von Spielwaren bei Müller verantwortlich. Dadurch ist er schon immer mit aktuellen Trends in Berührung gekommen und so stets am Puls der Zeit. Was Spielwarenhersteller besser machen können und was zu den neuesten Trends gehört, erfahrt ihr im Kurzinterview:

Peter, du bist der Meinungsmacher der Branche. Wie verschaffst du dir bei Entscheidern Gehör?

Ich habe den unschätzbaren Vorteil nicht mehr im operativen Geschäft eingebunden zu sein und nicht mehr den üblichen Sachzwängen und den Dos and Dont´s im Business unterworfen zu sein. Davon haben viele einen Sinn, viele aber auch nicht. In meiner Position, in meiner Aufgabe, kann ich Dinge sagen, manchmal ungeheure Dinge. Kann Gedanken formulieren, die zum Diskurs anregen. An denen man sich entweder reibt oder diese aufnimmt und weiterentwickelt. Damit operiere ich in der spannenden Grauzone zwischen Hofnarr, Berater und Prophet. Niemals destruktiv, sondern immer von der Liebe zur Branche getrieben und dem Wunsch Dinge zu verbessern. Denn stehen bleiben können wir nicht. Auch unsere Branche muss sich immer wieder wandeln, muss sich anpassen, manchmal improvisieren und lieber ein Stück vorangehen. Lange bevor uns das die Gesellschaft oder vielleicht sogar der Gesetzgeber vorgeben. Ich glaube fest daran, dass gestalten besser ist, als gestaltet zu werden.

Was können mittelständische Spielwarenunternehmen besser machen? Nenne uns deine Top-3-Empfehlungen!

Zunächst mal keine ungefragten Ratschläge von Leuten meiner Zunft annehmen. Jedes Unternehmen ist sehr individuell. Hat eine ganz eigene Geschichte. Eigene Unternehmenskultur, Ressourcen und geht seinen ganz eigenen Weg. Das (und vieles mehr) gilt es zu analysieren, einzuordnen und am Schluss den Ansatz zu wählen, der zu dem Unternehmen passt. Weil er glaubwürdig, authentisch und machbar ist. Deswegen Finger weg von Leuten, die wissen wie´s geht, obwohl sie Ihr Unternehmen noch nie von innen gesehen haben. Von Leuten, die einfache Antworten auf sehr komplexe Fragen geben. Das gilt übrigens nicht nur in Unternehmen, sondern auch in Politik und Gesellschaft.

Welches Spielzeugtrends siehst du fürs kommende Jahr? Werden die Kinderzimmer noch digitaler?

Die Kinderzimmer sind schon digital, und die Wohnzimmer, die Büros und die Pausenräume auch. Der Markt für Games ist um ein Vielfaches größer als der klassische Spielwarenmarkt. Und zwar über alle Altersgruppen hinweg. Denn die Branche hat vor vielen Jahren einen riesigen Fehler gemacht. Man hat abschätzig auf diesen Markt herabgeblickt. Sich selbst als Kulturgut hochstilisiert und ein Heer von selbstermächtigten wissenschaftlichen Experten, medial unterstützt, auf die Games-Branche und ihre Gefahren losgelassen. Anstatt den neuen Trend willkommen zu heißen und ihn in die eigene Branche zu integrieren hat man eine Frontstellung geschaffen und einen Konflikt, den die Branche verloren hat. Der wahrscheinlich größte Rohrkrepierer der Spielwarenbranche der letzten 50 Jahre.

Das heißt nicht, dass nicht noch Platz ist für etwas anderes – neben der digitalen Übermacht. Zu jeder Bewegung gibt es immer eine Gegenbewegung. Das gepaart mit einer generellen gesellschaftlichen Ausrichtung auf das Häusliche – sei es durch Corona oder auch nicht – ist sicher eine gute Voraussetzung für Geschäfte mit Brett- und Kartenspielen, Puzzles, Arts & Crafts und mehr.

Gute mittelfristige Chancen sehe ich auch für Plüsch. Wenn die Welt draußen als immer bedrohlicher empfunden wird, dann sucht man gerne nach etwas Warmem und Kuscheligem. Im Umkehrschluss, werden wir die übliche „Gewalt“ weitersehen wollen? Themen in denen es um Dominanz und Vorherrschaft geht? Problemlösungen mit dem Schwert, statt durch Kooperation. Wir werden sehen wie sich das auf das in Deutschland gar nicht solange erstarkte Superheldengenre auswirken wird.

Ein absoluter Langfristtrend ist ganz sicher Nachhaltigkeit. Dabei geht es allerdings um mehr als nur Greenwashing, sondern um echte nachhaltig produzierte Produkte mit nachhaltigem Purpose.

Und da wird es tricky. Die Konsumenten sind hier sehr sensibilisiert. Wer zum einen diesen Trend ignoriert oder zum anderen meint einfache Antworten und ein wenig neues Packaging hier und da …und vielleicht pflanzen wir noch irgendwo nen Baum… würden ausreichen, der kann sich sehr schnell den Zorn seiner Zielgruppe zuziehen.