Eva Timme ist seit rund 30 Jahren Physiotherapeutin und schreibt außerdem Spielerezensionen für die Oberhessische Presse. Wir wollten wissen, was ihre Arbeit so spannend macht und wie sie Spiele in ihren Therapien einsetzt.

Frau Timme, was macht Ihre Arbeit als Physiotherapeutin speziell mit Kindern so spannend?

Die Arbeit mit Kindern ist jeden Tag neu – immer braucht es kreative Ideen, um die Kinder zu Übungen zu animieren, die ihnen guttun – am besten so, dass sie es als Spiel empfinden.Möchte ich, dass ein Kind sein Gleichgewicht schult, setze ich zum Beispiel eine Balancierstrecke oder einen Therapiekreisel ein. Dabei sind viele Wiederholungen wichtig, damit sich Bewegungsmuster einschleifen oder eine möglichst lange Zeit auf dem Therapiekreisel, damit sich das Gleichgewichtssystem auf die Situation einstellen kann.

Würde ich dem Kind sagen „Bitte, balanciere 20x hin und her“ oder „Bitte, bleibe 10 Minuten auf dem Therapiekreisel stehen“, wäre die Motivation bestimmt schnell weg – besonders bei jüngeren Kindern. Stattdessen nutze ich meistens Spiele: Ich verteile beispielsweise ein Memory und lege eine Hälfte der Pärchen auf die eine Seite des Parcours. Die andere Hälfte mische ich und lasse das Kind jede Runde eine Karte aufdecken und nach und nach die passenden Kärtchen von der anderen Seite holen. So merkt es meist gar nicht, dass es „20x hin und her balanciert“.  Für längeres Stehen auf einem Therapiekreisel nutze ich Logikspiele (u.a. von SmartGames). So kann das Kind auf dem Kreisel über die Lösung nachdenken.

Ich möchte Kinder und Eltern in der optimalen Entwicklung unterstützen. Dabei sind es die individuellen Lösungen, die meine Arbeit so spannend machen.  Jedes Kind kommt mit anderen Bedürfnissen und einem eigenen Tempo zu mir. Die Bandbreite ist vielfältig. Ob Frühgeborene, motorisch – neurologische Erkrankungen oder orthopädische Herausforderungen, immer gilt es, sich an den Bedürfnissen und Stärken des Kindes zu orientieren und es durch alltagsorientierte Übungen in seiner Entwicklung zu unterstützen.

Die Eltern werden dabei immer mit einbezogen, denn sie setzen die Therapie zu Hause fort. Die Freude der Kinder und Eltern über die Fortschritte zu erleben, ist immer wieder bereichernd.Viele Familien begleite ich sehr lange, manchmal durch die ganze Kindheit hindurch – es ist einfach toll, diese Kinder lernen und wachsen zu sehen. Das gelingt mir nur, wenn ich eine Beziehung zum Kind aufbaue, es von Anfang an bei seinen Interessen abhole und in ein Spiel verwickeln kann.

Sie binden in die Therapie unter anderem Spiele wie z.B. von SmartGames ein – unter welchen Gesichtspunkten kommen diese zum Einsatz?

Ich nutze Brett- und Logikspiele ausgesprochen vielfältig. Manchmal nur als „Rundenzähler“, wie oben schon beschrieben, um ein Kind zu Wiederholungen zu motivieren. Dabei ist das Spiel, das ich auswähle, natürlich an das Alter und die kognitiven Fähigkeiten des Kindes angepasst.

Ich binde auch gerne SmartGames ein, damit Kraftübungen länger gehalten werden. So übe ich Schulter- und Stützkraft mit ihnen, indem die Kinder auf einem Pezziball liegen und sich vorne auf dem Boden abstützten. Die Aufgabenkarte eines Logikspiels liegt vor ihnen auf dem Boden. Je schwieriger die Aufgabe, desto länger wird das Kind vermutlich stützen. Dabei achte ich natürlich darauf, dass das Kind gefordert, aber nicht überfordert ist.

Gerade bei älteren Kindern, zum Beispiel mit einer Skoliose, ist es nötig, eher langweilige, aber effiziente Übungen regelmäßig zu wiederholen. Dabei nutze ich gerne Logikspiele, bei denen für eine Aufgabe erst bestimmte Teile herausgesucht und aufgebaut werden müssen. Beim Spiel „Schwing die Hufe“ wird eine Aufgabe ausgewählt und die benötigten Hindernisse „erturnt“ sich das Kind:

  • 10 Liegestütz – es kann sich das rote Hindernis nehmen
  • 10 x Brücke bauen – es kann sich das grüne Hindernis nehmen

So geht es weiter, bis es alle Hindernisse für die Aufgabe gesammelt hat. Die Aufgabe selbst kann es dann lösen, während es zum Beispiel auf dem Therapiekreisel oder im Vierfüßler-Stand steht.

Gleichzeitig schreiben Sie auch Spielerezensionen für die Oberhessische Presse – welches sind Ihre persönlichen Lieblingsspiele?

Diese Frage ist für mich kaum zu beantworten. Es gibt ja so viele interessante und vor allem unterschiedliche Spiele, dass ich mich kaum auf „das eine Lieblingsspiel“ festlegen kann. Was ich aber sagen kann ist, dass ich kooperative Spiele besonders gerne spiele. Aktuell spiele ich häufig „Aeons End“ und „Reise nach Mittelerde“. Ich mag auch kommunikative Assoziationsspiele. Da sind meine Favoriten im Moment: „So Kleever“, „Letter Jam“ und „Just one“. Das Strategiespiel, das ich in letzter Zeit am häufigsten gespielt habe, ist „Arche Nova“. Bei den Kinderspielen habe ich gerade „Mysterium Kids“ entdeckt und spiele sehr gerne eine Runde mit meinen Neffen und Nichten. Exitspiele und Logikspiele kommen zu anderen Gelegenheiten auf den Tisch und ab und zu darf auch ein Puzzle nicht fehlen. Da jedes Jahr so viele Neuheiten auf den Markt kommen, ändern sich die aktuellen Vorlieben immer wieder. Ein Spiel, was mich schon seit vielen Jahren immer wieder begleitet, ist „Robo Rally“. Da bin ich immer bei einer Partie dabei.