Ulrich Brobeil ist seit 15 Jahren beim Deutschen Verband der Spielwarenindustrie e.V. (DVSI) beschäftigt. Zuerst als Justiziar, seit 2012 als Geschäftsführer. Er ist ein „alter Hase“ in der Spielwarenbranche und weiß, wie sie tickt. Das vergangene Jahr war eine große Herausforderung. Der zweite Lockdown hat viele kleine und Mittelständische Spielwarenhersteller sowie den Handel in die Knie gezwungen. Heute erfahren wir mehr zum Öffnungsplan, welche Kämpfe Ulrich in den letzten Monaten gefochten hat und wie er es schafft, trotzdem immer einen kühlen Kopf zu bewahren.
1. Ulrich, du bist nun schon über ein Jahrzehnt beim DVSI. Noch nie stand die Wirtschaft vor solchen Herausforderungen – bedingt durch die Corona-Pandemie. Wo siehst du den größten politischen Handlungsbedarf für Hersteller und Handel?
In der weltweit größten Wirtschaftskrise seit der „Great Depression“ der Zwanziger Jahre zeigt sich, dass die großen Digitalkonzerne den Markt bestimmen. Sie sind die Gewinner der Pandemie. Das wirft noch einmal, wie unter einem Brennglas, den Fokus auf die Probleme mit Digitalkonzernen, deren Vorteile ja unbestritten sind. Dabei geht es nicht nur darum, dass sie, wie etwa Amazon, eine Doppelrolle einnehmen, die des Händlers und die des Plattformanbieters, der über Daten verfügt. Die Entwicklung der letzten Jahre führte zu einer einzigartigen Machtkonzentration und zu eklatanten Wettbewerbsverzerrungen, von denen Hersteller und Handel gleichermaßen betroffen sind. Problematisch an dieser Entwicklung ist aus Sicht des DVSI vor allem, dass diese „Gatekeeper“ die Regeln einer fairen Marktwirtschaft auch indirekt außer Kraft setzen, indem bestimmte Standards dort nicht eingehalten werden, die für unsere Mitglieder selbstverständlich sind. Der DVSI fordert deshalb seit Jahren eine europäische Lösung für eine strengere Reglementierung, um dort unfaire Praktiken zu unterbinden. So sorgt, um nur ein Beispiel zu nennen, der Verkauf von unsicheren Spielwaren für immense wirtschaftliche Schäden, die nebenbei eine ganze Branche in die Schlagzeilen bringt. Der EU Safety Gate Report 2020 zeigt erneut, dass die als gefährlich eingestuften Spielwaren oft aus unseriösen Quellen oder von dubiosen Herstellern stammen, die europäische Sicherheitsstandards umgehen und die Plattformökonomie für ihr Geschäft nutzen. Diesem Treiben muss von politischer Seite ein Ende gesetzt werden, zum Wohl aller Markenhersteller und des Handels, die sich an alle Gesetze und Regeln halten.
2. Der DVSI vertritt die Interessen von rund 230 Unternehmen der deutschen Spielwarenindustrie unter anderem gegenüber der Politik und den Behörden. Welches waren in den vergangenen Monaten die größten Anliegen deiner Mitglieder und wie konnte der DVSI hier unterstützen?
Der DVSI ist seit Jahren im Gespräch mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und mit dem Wirtschaftsministerium. Er zählt zu den rund 40 Wirtschaftsverbänden, die von Wirtschaftsminister Peter Altmaier zu den vier virtuellen Wirtschaftsgipfeln eingeladen wurden, um die Sicht der Wirtschaft darzustellen und zuletzt auch Vorschläge für ein Positionspapier zu machen, mit dem der Minister in das Bund-Länder-Gespräch vom 3. März gegangenen ist. Dabei hat der DVSI auch die Anliegen des Handels berücksichtigt, weil uns klar ist, dass viele unserer Mitglieder auf die „Berührungspunkte“ des stationären Handels angewiesen sind.
3. In welcher Situation musstest du besonders tief durchatmen und wie hast du es geschafft, trotzdem einen kühlen Kopf zu bewahren?
Wahrscheinlich wie die meisten Menschen in diesem Land, als der Lockdown im März letzten Jahres verhängt wurde. Das Team von DVSI musste von heute auf morgen ins Homeoffice und jeder fragte sich, wie es jetzt weitergeht. Vor allem habe ich mir in den ersten Tagen Gedanken darüber gemacht, wie hart es die Spielwarenbranche treffen wird. Der DVSI ist ja ein Mitgliederverband. Auswirkungen der Pandemie auf unsere Mitglieder hätten vermutlich auch wir zu spüren bekommen. Wir haben dann gesagt „jetzt erst recht, wir machen weiter Verband!“, um dann sofort einen Gang höher zu schalten. Allein 2020 haben wir knapp 160 „DVSI informiert“ an unsere Mitglieder rausgeschickt, natürlich nicht nur zu den aktuellen Entwicklungen der Pandemie.
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